Man kennt Ende des Jahres 2014 bereits 75 unterschiedliche Gene, in denen eine Mutation die HSP auslösen kann. Ein Teil dieser Gene kann bisher auf Mutationen untersucht werden. Voraussetzung ist, dass der Ort innerhalb des Chromosoms und damit auch das Genprodukt (=Protein) bekannt sind. Ende 2014 trifft das auf 51 der 75 Gene zu. (Vergleiche das Schaubild, das unten genauer erklärt wird). Noch bis vor kurzer Zeit war es sehr aufwendig und damit auch sehr teuer, eine Genanalyse durchzuführen. Das hat sich in den letzten Jahren entscheidend verbessert. Dennoch ist es bis heute nicht möglich, dass jeder HSP-Erkrankte auch „seine“ Genanalyse erhält. Das liegt vor allem daran, dass man bis heute noch nicht alle Genorte so genau kennt, dass eine Diagnose zu einem Ergebnis führt und daran, dass bei der HSP noch längst nicht alle Gene erkannt sind, die die Erkrankung auslösen können. Das lässt sich nur verbessern, wenn den HSP-Forschern genügend Kapital zur Verfügung steht, um solche Gene zu finden. Wie zuvor gesagt, kennt man in 2014 bereits 75 HSP-Gene. Noch vor sechs Jahren waren das nicht einmal dreißig. Allein diese hohe Zahl von krankheitsauslösenden Genen macht klar, dass es sich bei der HSP um eine Krankheitsgruppe mit sehr ähnlichen Symptomen handelt.
Genetische Analysen werden bislang häufig zunächst beim SPG4 (Spastin) durchgeführt. Der Grund dafür ist der, dass dieses Gen bei der Mehrheit der dominanten HSP-Fälle mutiert ist. Die Wartezeit auf Ergebnisse kann jedoch einige Monate dauern. Durch die neuen Diagnosetechniken (Hochdurchsatzsequenzierung) sind Verfahren entwickelt worden, mit denen gleichzeitig zahlreiche Gene auf HSP-Mutationen untersucht werden sollen. Dieses Entwicklung ist seit Anfang 2013 abgeschlossen und wird an der Uniklinik zu Tübingen den HSP-Patienten angeboten. Dadurch wird sich ein sehr hoher Prozentsatz der genetischen Fehler eindeutig nachweisen lassen. ( Schreiben der Uniklinik von Frau Dr. Schüle und Herrn Prof. Dr. Bauer).
Grundsätzlich sollte vor einer genetischen Untersuchung ein intensives Gespräch mit dem behandelnden Arzt geführt werden, in dem auch über die psychologischen Folgen einer solchen Untersuchung gesprochen wird. In jedem Fall wird empfohlen hier das Gespräch mit einem Arzt zu führen, der sich auf die HSP spezialisiert hat. Eine Liste dieser Ärzte ist unter Liste der HSP-Ambulanzen erfasst.
Es ist für viele HSP-Betroffene im Gespräch zur Diagnose zunächst überraschend, dass es bei der HSP nicht „das eine Gen“ gibt, das die Erkrankung auslöst. Damit unterscheidet sich die HSP sehr klar von anderen genetisch bedingten Erkrankungen. Beispielhaft sei hier die Mukoviszidose benannt, bei der es nur ein Gen gibt, das für die Krankheit verantwortlich ist. Es ist daher sicher nachvollziehbar und auch richtig, wenn bei der HSP von einer Krankheitsgruppe gesprochen wird.
Die zuvor angesprochene Menge an HSP-Genen wächst ständig. Die HSP-Forscher suchen und finden immer weitere Gene, die die HSP-Symptome auslösen. Es mag überraschend klingen, dass genau dieser Weg sinnvoll und sogar notwendig ist. Je mehr Information die Forscher zu den HSP-Genen und zu ihren Arbeitsweisen erhalten, umso eher wird es möglich sein, eine Therapie zu entwickeln.
Einen schönen Überblick über die in 2013 bekannten und die damals diagnostizierbaren Gene gibt ein Schaubild, das von Frau Dr. Schüle entwickelt wurde. Unten ein Ausschnitt aus diesem Schaubild und einige Erklärungen zum Verständnis. Das gesamte Schaubild ist hier abrufbar.
Der innere Kreis zeigt die benennbaren Gene. Das ist die Nummerierung der SPGs von 1 bis 57 (56 und 57 sind noch Fragezeichen). Sobald die genaue Lage eines Gens bekannt ist, bekommt es einen „Namen“. Dann ist das Gen auch diagnostizierbar. Beim SPG4 ist das z.B. SPAST. Ist die Lage des Gens noch nicht bekannt, dann ist statt des Namens eine graue Markierung erkennbar. Die Namen sind in unterschiedlichen Farben geschrieben. Dabei bedeutet die Farbe rot, dass es sich bei diesem Gen um ein dominantes Gen handelt. Blau symbolisiert ein rezessives Gen und gelb stellt die X-chromosomalen Gene dar. Am Rande sei bemerkt, dass die Menge der rezessiven Gene größer ist als die Menge der dominanten Gene. Die SPGs „ohne Namen“ lassen sich heute noch nicht diagnostizieren.
Es ist davon auszugehen, dass die Menge der diagnostizierbaren Gene weiter wachsen wird. Der zuvor angesprochene Hochdurchsatzsequenzierer wird daher ständig erweitert werden.