Mutationsformen in einem Gen

Es gibt unterschiedliche Mutationsformen innerhalb eines Gens. Das sind die Missensmutation, die Nonsensemutation, die Insertion, die Deletion und die Splice-Site-Mutation. Weil die Bedeutung dieser Begriffe häufig unklar ist, weil aber nur mit ihnen die eigene Mutation verständlich wird, sollen die Begriffe unten auf sehr einfache Art erklärt werden. Hilfreich wird es sein, in diesem Zusammenhang auch den Aufsatz  „Was machen unsere Gene“. Ein paar Gedanken für Nichtmediziner“ zu lesen.

Vorweg der Hinweis, dass die Informationsmenge in einem Gen gebraucht wird, um damit ein Protein zu bilden. Dieser Bauplan beginnt in jedem Gen mit einem Wort für „Start“ und endet mit einen „Stopp“ am Ende. Die „Sprache“ der Gene, in der diese Info geschrieben ist, kennt nur Worte, die aus drei Buchstaben bestehen. Exakt drei Buchstaben passen in das Leseraster, das für die Geninformation besteht. Mutationen sind nun nichts anderes, als Schreibfehler, so wie wir sie im täglichen Leben ‒ z.B. beim Lesen einer Zeitung ‒ kennen. Um die Fehlermöglichkeiten zu zeigen, wurde ein (ganz blöder) Satz gebildet, der nur aus Worten mit drei Buchstaben besteht. Er lautet: „Ich bin bei Opa auf dem Tor“. Das Wort für „Start“ lautet bei im Beispiel „Ein“ und das Wort für „Stopp“ lautet „Aus“.

Der „Beispielsatz“ in Gensprache heißt also: „Ein Ich bin bei Opa auf dem Tor Aus„. Nun zu den Fehlermöglichkeiten:

    • Erste Fehlermöglichkeit:
           Ein Ich bin bei Oma auf dem Tor Aus
      Hier ist der Buchstabe „p“ in Opa gegen den Buchstaben „m“ getauscht. Man nennt diesen Fehler „Missensmutation“, weil sich der Sinn verändert.
    • Zweite Fehlermöglichkeit:
           Ein Ich bin bei Opa aus dem Tor Aus
      Hier ist der Buchstabe „f“ bei „auf“ durch den Buchstaben „s“ getauscht. Gelesen wird nun also das Wort „aus“. Da in der Sprache der Gene das Wort „aus“ für „Stopp“ steht, wird der Rest der Geninformation nicht mehr in Zutaten für das herzustellende Protein übersetzt. (Ein Ich bin bei Opa aus ) Dem Protein fehlen also viele Zutaten. Es wird unvollständig hergestellt und kann daher seine Aufgaben nicht erfüllen. Man nennt diesen Fehler „Nonsensemutation“. Das hat aber nichts mit Nonsense, also nichts mit Unsinn zu tun. Hintergrund ist, dass das Wort „Aus“ keine Zutat beschreibt sondern das Ende beschreibt. Es macht also für die Zutaten „keinen Sinn“ (engl: „no sense“). Daraus ist dann „nonsense“ gemacht worden.
    • Dritte Fehlermöglichkeit:
           Ein Ich bin bei Omu aau fde mTo rAu
      Hier ist der Buchstabe „u“ zusätzlich bei „Oma“ zwischen „m“ und „a“ eingefügt worden. Da es aber das oben angesprochene Leseraster mit den drei Buchstaben gibt, ändert sich ab dem Punkt, an dem der zusätzliche Buchstabe eingefügt wurde, der Inhalt in jedem „Dreierwort“ des Leserasters. Ab dem Punkt, an dem ein zusätzlicher Buchstabe eingefügt wurde, ergibt der Satz keinen Sinn mehr. Das entstehende Protein ist komplett falsch und kann seine Aufgabe nicht erfüllen. Eine solche Mutation wird „Insertion“, also „Einfügung“, genannt, weil ein Buchstabe (oder mehrere) zusätzlich eingefügt wurde.
    • Vierte Fehlermöglichkeit:
           Ein Ich bin bei Opa aud emT orA us
      Hier ist der Buchstabe „f“ im Wort „auf“ vergessen worden, so dass das Wort „aud“ entsteht. Da es aber das oben angesprochene Leseraster mit den drei Buchstaben gibt, ändert sich ab dem Punkt, an dem der Buchstabe fehlt, der Inhalt in jedem „Dreierwort“ des Leserasters. Ab dem Punkt, an dem ein Buchstabe fehlt, ergibt der Satz keinen Sinn mehr. Das entstehende Protein ist komplett falsch und kann seine Aufgabe nicht erfüllen. Eine solche Mutation wird „Deletion“, also „Streichung“, genannt, weil ein Buchstabe (oder mehrere) gestrichen wurde.

Für jeden der es gerne genauer wissen will: Nonsense- und Missensmutationen haben das gleiche Fehlerprinzip. Es wird jeweils ein Buchstabe getauscht. Bei der Nonsensemutation entsteht durch den Fehler ein zu frühes „Stopp“, während bei der Missensmutation durch den Buchstabentausch eine falsche Aminosäure eingebaut wird. Eine weitere Mutationsvariante, auf die hier nicht detailliert eingegangen wird, ist die „Splice-site-Mutation“. Hier erfolgt die Mutation im Übergangsbereich zwischen Exon (=Text für die Aminosäuren) und Intron (=Text mit Steuerungsfunktionen). Die Folge dieser Mutationsart ist, dass der Text der Steuerungsfunktion als Text für Aminosäuren interpretiert wird und dass das Protein somit zusätzliche und unsinnige Aminosäuren bekommt.